Latein und die Romania

Eine kleine Einführung

Die romanischen Sprachen entstanden aus den verschiedenen Varietäten des gesprochenen Lateins, die die römischen Legionen über mehr als 200 Jahre in Europa (und darüber hinaus) verbreiteten. Die Sprachen entwickelten sich regional unterschiedlich. Hierzu trugen verschiedene Faktoren bei.

Einen besonders großen Einfluss auf die sprachliche Entwicklung hatten die Sprachen, die in den eroberten Gebieten bereits gesprochen wurden. So gab es z.B. im Lateinischen nicht für alle Wörter Entsprechungen, insbesondere nicht für Begriffe aus der jeweils besonderen Flora und Fauna der neu eroberten Provinzen, oder für die Bezeichnung von Tieren und all die Bereiche des alltäglichen Lebens, die sich in den eroberten Regionen oftmals grundlegend von den Verhältnissen im alten Rom unterschieden. Das Lateinische kam mit den römischen Legionen in die neu eroberten Gebiete — das Latein der Legionäre war aber nicht immer „perfekt“, denn oftmals stammten sie selbst aus Provinzen, in denen ganz andere Sprachen gesprochen wurden. Sie lernten selbst das Lateinische häufig erst im Umgang mit den römischen Machthabern — es war auch für sie nur eine „Verkehrssprache“.

Im Laufe der Zeit entstanden zunächst die Vorläufer der modernen romanischen Sprachen, die sog. protoromanischen Varietäten, bevor sich um das 9. Jahrhundert sichtbar Einzelsprachen herausbildeten. Dennoch erlaubten die vielfältigen gesprochenen Varietäten, die als Vulgärlatein bezeichnet werden, eine weiträumige Verständigung im gesamten Römischen Reich (Klein & Reissner, 2006).

Heute wird in den Schulen das sog. klassische Latein gelernt. Es hat sich über die späteren Jahrhunderte als relativ einheitliche Schriftsprache im gesamten Römischen Reich etabliert, insbesondere als Sprache der Rechtsprechung, der Verwaltung und der Kirche. Auch diese Form des Lateinischen entfaltete großen Einfluss auf die Entwicklung der romanischen Sprachen, auch wenn es nicht im Alltäglichen gesprochen, sondern nur von sehr wenigen Menschen und nur in den genannten Bereichen beherrscht und benutzt wurde.

Die Summe der gemeinsamen Wurzeln erleichtert uns das Erlernen der romanischen Sprachen, denn sie alle teilen auch heute noch immer viele Gemeinsamkeiten, die vom Wortschatz über viele grundlegende Regelmäßigkeiten in den Bereichen Grammatik und Satzbau bis z.B. der Wortbildung reichen.

Hier kannst du mehr über die Rolle des Lateinischen für die romanische Interkomprehension erfahren.

Etwas Praktisches: Lernwortschatz für Romanist*innen

Hier findest du einige Nomen, Verben und Adjektive aus dem Italienischen, Spanischen, Französischen und Englischen gleich in Bezug gesetzt mit ihrem lateinischen Ursprung.

Nomen

Verben

Adjektive

Die Tabellen stammen aus Müller-Lancé et al. (2021) und wurden freundlicherweise vom Narr-Verlag zur Verfügung gestellt.