Europaweit stützen sich die nationalen Bildungssysteme in erster Linie auf die Vermittlung des Englischen, der lingua franca der internationalen Kommunikation. Die formelhafte europapolitische Zielsetzung „Muttersprache + 2“ wird in fast allen europäischen Schulsystemen mit Englisch als erster Fremdsprache umgesetzt.
Künftige Generationen sollen über umfassendere sprachliche und kulturelle Kompetenzen verfügen als die älteren Generationen. Dennoch bleiben die generelle Frage nach der Vermittlung von Sprachkompetenzen und insbesondere diejenige nach informell erworbenen Kompetenzen etwa von Herkunftssprachen von allerhöchster Aktualität und Relevanz. Nicht zuletzt die demographischen und migratorisch bedingten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte erfordern diesbezüglich ein grundsätzliches Umdenken. So transportiert bereits die Bezeichnung der in der Schule vermittelten Sprachen als „Fremdsprachen“ konnotativ eine Fremdheit, die doch einer Nachbarsprache im gemeinsam bewohnten europäischen Haus eigentlich nicht gebührt. Nicht nur innerhalb der Sprachenfamilien, sondern häufig sogar über die Sprachen einer Sprachengruppe hinaus bestehen viele Gemeinsamkeiten, die ganz überwiegend auf die historischen und kulturellen Sprachkontakte über viele Jahrhunderte zurückzuführen sind. Sie können und sollten lernökonomisch genutzt werden.